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Mittwoch, 25. Januar 2012

Die Puppe von Auschwitz


Über eine Millionen Tote. Tonnenweise menschliches Haar. Und eine Puppe. Heute habe ich verstanden, dass das Kleine manchmal mehr sagt als das Große. Ich stand im Museum Auschwitz vor einem Gebirge aus Schuhen und versuchte, mir all die Menschen vorzustellen, denen sie gehört haben. Es funktionierte nicht. Zwei Minuten später schaute ich in eine unauffällige Glasvitrine. Darin Kinderschuhe und –kleidung. Und eine Puppe mit zerbrochenem Schädel. Sofort sah ich ein kleines Mädchen vor mir, vielleicht so alt wie die Nichte meines Freundes, das am Bahnsteig von Auschwitz-Birkenau steht, die Puppe in der Hand. Ich weiß nicht, wer das Mädchen war, doch wahrscheinlich starb es irgendwo hier. Zerbrochen wie die Puppe.
Und ich verstehe, dass es für uns Journalisten nicht reichen kann, Zahlen und Fakten zu vermitteln – so wichtig das natürlich ist.
Eine Millionen Mal Leid kann sich kein Mensch vorstellen. Und manchmal erzählt eine Puppe hier mehr als tausend Schuhe.

Ann-Kristin Schäfer

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